Noch ein Tagebuch...
Vielleicht fragt sich jetzt jemand: “Wofür ist denn dieses Tagebuch wieder?“ Nun, es ist so: Wir werden oft gefragt wie wir bei einem neuen Album vorgehen und arbeiten, wie so ein Album entsteht usw. Dies ist für jeden Künstler eine ganz eigene und manchmal sehr intime Erfahrung, denn nicht selten wird fast das Ganze Innere nach Aussen gewendet um Musik oder Text schreiben zu können.
Ich kann hier nicht für andere sprechen, aber ich möchte Euch einen kleinen Einblick ermöglichen, wie es sein kann... Deswegen habe ich mich entschieden eine art Tagebuch über meine Textarbeit zu führen, damit ihr seht wie das von statten geht.
Es geht nicht darum mein Leben breit zu treten, es geht lediglich darum Euch den „Arbeitsvorgang“ zu erklären, Euch zu erzählen was einem inspirieren kann, was einem total blockt und was für Gedanken hinter einem Text liegen. Wer nun also meine Lebensgeschichte erwartet, sollte jetzt aufhören zu lesen. Wer mich einfach ein Stück auf meinem Weg begleiten möchte, ist hier richtig.
Viel Spass damit! (:
Dina
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„Jane Churm“ und mein Terminplaner
Die Geschichten zu den schon geschriebenen Texten möchte ich hier nicht nachkonstruieren, ausser die Geschichte von „Jane Churm“. Dies fällt mir leicht, da das keine persönlichen Gedanken sind, sondern die Legende um eines der berühmtesten Geisterfotos. Vorweg, ich glaube an die Echtheit des Fotos, denn ich denke, dass die Energie eines Menschen nach seinem Tode durchaus an einem Ort Spuren hinterlassen kann, sofern starke Emotionen vorhanden waren.
Die Legende um dieses Foto möchte ich hier nicht hineinkopieren, denn für Interessierte ist sie ganz leicht im Internet unter ihrem Namen zu finden. Was uns dazu bewegt hat einen Text darüber zu schreiben ist der Fakt, dass uns paranormale Phänomene sehr interessieren. Nicht um des Grusels Willen, sondern weil es, zumindest für uns, unter anderem das Weiterleben nach dem Tod beweist.
Beim Schreiben des Textes habe ich mir überlegt, wie man es anstellen könnte, dass man die Geschichte nicht einfach nacherzählen muss. Eigentlich habe ich den Text komplett fertig in meinen Terminplaner geschrieben, nur fand ich irgendwie, dass er „kindisch“ klingt. Die Worte waren mir zu aufgesetzt usw aber ich schrieb diesen Fakt meiner „Anfängerweisheit“ zu, denn es war der erste Text überhaupt, den ich zu einem Song schreiben sollte. Da mir die Worte einfach nicht gefallen wollten, habe ich mich vor den Song gesetzt, neben Freeze my Soul (ehemals Freezing) einer der am längsten auf die Verarbeitung warten musste, und hab ihn mir erneut angehört. Auf einmal kamen die Worte wie geschmiert und passten auch. Ich könnte mir heute noch keinen anderen Text für diesen Song denken. Dies hat mir gezeigt, dass ich wirklich nur einen Text hinkriege, wenn ich mich direkt in die Melodie „reinsetzte“. Seither dient mein Planer wieder nur noch dem ursprünglichen Zweck und nicht mehr der Textbearbeitung...
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Ein zu Hause und doch „Homeless“
Bei „Homeless“ wusste ich als ich die grobe Klaviermelodie dazu hörte schon dass das Wort Home zu diesem Song gehören wird.
Ich dachte dass mir dieser Text leicht von der Hand gehen würde, schon rein deswegen weil die Melodie so eingängig war. Es fehlten aber noch einige Dinge denn der Song war noch keineswegs fertig.
Da ich mich von Anfang an gleich ihn diese Melodie verliebt hatte, kämpfte ich dafür diesen Song fertigstellen zu dürfen.
„Ok, kannst du haben!“ Juhui! ;)
Das entpuppte sich aber als schwieriger als ich dachte, denn nichts wollte so recht dazu passen. Ich hatte Angst den Song zu verwüsten und bevor ich den Text dazu schreiben konnte, musste ich die Musik fertigstellen, zumindest die Grundstruktur.
Nach einer Weile gelang es mir etwas passendes zu finden, doch ein passender Text dazu...au weiah!
Ich drehte und wendete das Wort Home. Es wollte einfach nicht stimmen. Vor allem, wie um Himmels Willen sollte ich mit einem einzelnen Wort ein ganzes Lied füllen?
Kurz vor dem Einschlafen hatte ich die Gesangsmelodie auf einmal im Kopf. Klasse! Weshalb bin ich darauf nicht schon früher gekommen? Es war als gäbe es nichts Anderes was passen würde. Zu der Melodie gehörte aber nicht das Wort „Home“, sondern „Homeless“. Auf einmal ratterte ich Gesangsmelodie und Text nur so herunter.
Bilder stiegen auf von Leuten die auf Dächern sitzen, von schwarzen Wolken und grauen Gestalten die alle Häuser in Beschlag nahmen. (Nein keine Angst, ich brauche keine professionelle Hilfe, das ist ganz normal! Glaubt mir! Sowas kommt öfters vor!)
Ausserdem kam mir die Geschichte einer Freundin wieder in den Sinn, welche ihre Heimatstadt besuchen wollte und auf dem Weg dahin an einem total verbombten Gelände vorbeifuhr. Eine halbe Stadt lag in Schutt und Asche, keine Menschenseele mehr war zu sehen, bis auf einen alten, verwahrlosten Mann. Er stolperte über die Trümmer und zog einen kleinen Ofen hinter sich her. Das musste er, denn hätte er das nicht getan, hätte er erfrieren und verhungern müssen.
Als sie mir diese Geschichte erzählte kam das Selbe Gefühl in mir hoch, wie später wieder als ich den Text zu Homeless schrieb.
Wie bei jedem Songtext kann man ihn auf zig verschiedene Arten auslegen. Auf seelische Art, auf politische Art, auf freundschaftliche Art und wie immer auf die schnöde Beziehungsgeschichte. Es passt überall und ich bin mir sicher, dass jeder von Euch dieses Gefühl auch schon einmal gehabt hat, oder haben wird, Heimatlos zu sein, egal in welcher Hinsicht.
Gebt einfach nicht auf mit der Suche, genau wie der alte Mann mit dem Ofen...
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Ganz schöne Weltuntergansstimmung „Twisted“
Ich bin mir nie sicher was ich nun von der Menschheit halten soll.
Einerseits sind sie beinahe süchtig zu zerstören, können kaum zu Gunsten von jemand oder etwas Anderem verzichten, sind auf ihren Teil vom Kuchen bedacht obwohl sie schon drei Stück haben die sie nicht mehr essen können weil sie so satt sind, tun und lassen was sie gerade wollen ohne sich über die Konsequenzen im klaren zu sein.
Sogar ich, sogar du!
Andererseits sehe ich wahre Helden, wunderschöne Geschöpfe die zu allem fähig sind wenn sie nur wollen. Sie können Wunder wahr machen, erschaffen, teilen, lieben.
Sogar ich, sogar du!
Weshalb tun wir es nicht einfach?
Welche Seite ist mühsamer? Welche Seite bringt der Welt mehr, welche Seite bringt der Menschheit mehr? Welche Seite ist die bessere?
Ich denke, die Menschheit braucht beide Seiten. Wir brauchen die eine Seite um die andere zu sehen. Wir müssen hinters Licht geführt werden um zu erkennen dass wir unser Leben selbst in die Hand nehmen müssen.
Wir brauchen Zerstörung um zu erkennen wie sozial oder egoistisch wir veranlagt sind.
Ich denke wir können den Mittelweg finden wenn wir einfach wieder beide Seiten zusammenfügen, aber dafür müssen wir beide Seiten haben.
Du ahnst es: Sogar ich, sogar du! ☺
Beim Schreiben von Twisted wusste ich auf einmal nicht mehr auf welche Seite ich gehöre. Beide waren mir bekannt. Zerstören und erschaffen.
Unser tägliches Brot...
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Your Lullabies
Dieses Thema spukt mir schon seit Jahren im Kopf herum und da es bei EdS um Leben und Tod geht passt das wie gegossen zusammen. Deshalb war es eine Frage der Zeit bis ich einen Text darüber schreiben würde.
Nun, hier ist er und er macht mich unendlich traurig!
Ich habe zu viel gesehen und zu viel erlebt was Kinder betrifft. Manche Dinge mag man gar nicht glauben.
Ausserdem habe ich Menschen gesehen die Kinder bekommen nur um sie gleich irgendwo abschieben zu können und ich habe Menschen gesehen welche unbedingt Kinder zeugen müssen weil ihre biologische Uhr tickt und weil man ab einem gewissen Alter einfach Kinder hat.
Wisst ihr was? Lasst es einfach, denn da kommt ein Mensch zu euch.
Eine komplette, fertige und perfekte Seele welche auf euch angewiesen ist weil sie sich nur durch schreien mitteilen kann.
Stellt euch mal vor ihr könntet nur einen Tag lang nichts anderes tun als euch nur durch schreien mitteilen....
...habe fertig!!
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Krähenauge
Ich bin mir immer noch nicht sicher ob das der passende Text für dieses Lied ist.
Wobei den Text find ich toll, nur frag ich mich ob die vielen Worte in einer guten Gesangsmelodie in das Lied hineinpassen. Mal sehen, wir werden es bald wissen.
Das war mit Abstand der härteste Brocken, denn das schlimmste was einem passieren kann ist „dichterische Leere“. Wobei man bei mir zwar nicht von Dichten sprechen konnte, aber von einer Leere.
Ich wälzte Worte hin und her, strich sie wieder durch, schrieb die Selben erneut um sie gleich wieder durchzustreichen. Andere Worte? Anderes Thema?
Was für ein Thema soll es denn überhaupt sein? Keine Ahnung.
Die Zeit sass mir im Nacken und ich wurde immer nervöser und ungeduldiger.
Eines Abends hatte ich eine Idee für ein Thema, dann wollten die Worte wieder nicht passen. Alles klang nach an den Haaren herbeigezogen.
Dann schrieb ich den Studiobericht für den Song „Locked“ und liess mir das Geschriebene ein paar mal durch den Kopf gehen. Auf einmal schien mir alles so naheliegend.
Deutsch!
Erstens Deutsch, und zweitens endlich einmal etwas mit ein Wenig düsterer Romantik.
Ob all der seriösen Themen vergass ich bei den Texten völlig dass wir Kunst machen! Und peng! Die Worte flossen nur so dahin.
Eigentlich eher zu viele Worte, aber sie schienen mir notwendig und ich hätte drei verschiedene Versionen des Textes schreiben können!
Nun habe ich endlich einen Text, jetzt muss ich ihn nur noch schön in den Song einpassen können. Und er ist komplett in Deutsch geschrieben! ;)
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Der tote See
An manchen Tagen braucht es nicht viel um einen Text schreiben zu können. Als mir Olli diesen Song vorspielte hatte ich sofort verschiedene Gesangsmelodien im Kopf und ich wollte unbedingt gleich einen Text dazu schreiben. Aus gleich wurde nichts. So einen versch* Tag beinahe daraus bestehend auf andere Leute zu warten machte mich wütend, aber um einen vernünftigen Text schreiben zu können brauche ich Ruhe und das Wissen nicht gleich wieder los zu müssen. Aber genau diese Stimmung habe ich heute gebraucht!
Ich hörte mir den Song also am Abend noch einmal an und fing einfach an zu schreiben. Ich sah einen grauen Sumpf im Nebel, roch den fauligen Schwefelgeruch und wollte einfach Spasseshalber daran entlang gehen. Was ich dabei erblickte formte sich zu einem Text und was einige freuen wird, er ist ebenfalls komplett in Deutsch gehalten.
Es macht mich ein Wenig traurig dass dies der letzte Text für dieses Album war und es bedrückt mich etwas dieses Tagebuch eine Weile nicht mehr fortsetzten zu können. Aber vielleicht werde ich es weiterführen während wir das nächste Album schreiben. Bis dann machts gut!
Dina